Someone Was Here Before – Sanja Bistričić Srića

  • Installation; Mixed Media
  • 2025

In the summer of 1987, the jagged rock formations break against the smooth water. The stone is sharp, the sand smooth, and the water clear as glass. The sparsely vegetated landscape looks like a distant planet. The unyielding, salty ground, dried by the sun. In the shrill heat, time seems to stand still. From morning to evening, a whole day, “cijeli dan.”

In Slana, the name given to the beach at the outermost tip of the peninsula, the artist Sanja Bistričić Srića spent summer months with her family. Memories from the 1980s and 1990s reappear to her from the perspective of a small boat that was used to reach the shores of the island of Pag, north of Zadar in northern Dalmatia. Like most local citizens, the family had never set foot on the inland. From the boat, her father pointed vaguely into the distance.

What her father wanted to convey carries the shadows of a painful summer and becomes the basis for the negotiation of the installation Someone was here before.

Slana is not only a bay where locals and tourists spend their summers, but also the site where the Ustaša authorities, during the rule of the Independent State of Croatia in World War II, established a concentration camp. For nearly three months, from June to August 1941, the area was a place of cruel suffering and death for Serbs, Jews, Roma, and for those deemed “rebellious” or critical of the regime, including Communists.

In 2023, at the invitation of the Serbian National Council, Srića returned to the site where the Jewish and Serbian sections of the camp had once been located. She documented the work of archaeologists searching for artifacts—each of which is further proof of the camp’s existence. In the same year, the artist learned that her late grandfather, Jure Bistričić, an experienced stonemason, had been commissioned in 1975 by the Union of Fighters under Nikola Bistričić to erect the first memorial plaque for the victims of Slana. The plaque was destroyed by a nationalist group in 1991. 

For Sanja Bistričić Srića, the historical past of the place stands in sharp contrast to her personal memories, which are at the same time representative of entire generations of Croatian families. This artistic research focuses on tracing the collective memory of the Slana camp.

The artist began researching the individual fates of the camp inmates, the forced labour they were subjected to, and the materials they used for construction, as well as the materials that surrounded them. The rusty, ochre-colored, sharp-edged surface floating on the exhibition floor becomes a projection surface for recently shot analog 35mm films of the Slana landscape. Resembling satellite footage, the frontal shots taken from the boat glide alternately over the flat and rocky formations. Distorted from their static position, the elements overlap. Water covers the rocks originating from the island. In search of material traces of the past, it is the stone witnesses that tell of the unspoken.

The decelerated gestures stand in contrast to the fast-paced image sequences flickering in the room. Memories of soft, tender moments and the carefree nature of childhood are shown: the sea, sheeps, swimming, diving. The VHS recordings are taken from the artist’s family archive. Sanja Bistričić Srića uses the reflections of the waves and the midday heat to make the blurred, fleeting, intangible historical heritage of the island tangible by superimposing it with personal memories. 

Opposite, the aluminium plates arranged along the wall narrate with full sharpness. True overlays, almost a layering of archival material, contemporary landscape images, and artifacts from archaeological excavations, condense. The epoxy binds the layers into a single unit. Through oxygen deprivation, the temporal levels are inseparably preserved. Through the evaporation of water, salt deposits reveal traces, which is another form of preservation.

History, above all grief, can never be erased. A place can never be separated from its past. It is inscribed, as in the rock, burned into the landscape and preserved in the water.

Slana raises central questions: How do different levels of memory overlap in one and the same place? How can knowledge of a burdened past be preserved in the consciousness of present and future generations? At the same time, the work demands for responsibility and a culture of remembrance that helps to ensure that what happened is neither forgotten nor repeated. It is also about finding a form of remembrance that has an impact on the future. The work thus calls for a topographical memory. Spatialized remembrance becomes particularly important when those who carry personal memories are no longer with us. 

Im Sommer 1987 brechen die kantigen Felsformationen mit dem glattgezogenen Wasser. Der Stein scharf, der Sand glatt und das Wasser klar wie Glas. Wie ein ferner Planet wirkt die spärlich bewachsene Landschaft. Der unnachgiebige, salzige Boden, von der Sonne getrocknet. In der schrillen Hitze bewegt sich die Zeit wie ausgehebelt. Vom Morgen bis in den Abend, einen ganzen Tag, „cijeli dan“.

In Slana, so heißt der Strand an der äußersten Spitze der Landzunge, verbachte die Künstlerin Sanja Bistričić Srića Sommermonate mit der Familie. Die Erinnerungen der 1980er- und 1990er-Jahre erscheinen ihr wieder aus der Perspektive eines kleinen Bootes, mit dem die Ufer der Insel Pag, nördlich von Zadar in Norddalmantien, zu erreichen waren. Wie die meisten Menschen aus der Umgebung hatte auch die Familie nie einen Fuß auf das Hinterland gesetzt.

Der Vater zeigte vom Boot aus vage in die Ferne. Was ihr Vater zu verstehen geben wollte, trägt die Schatten eines qualvollen Sommers in sich und wird zur Grundlage der Aushandlung der Installation Someone was here before.

Slana, nicht nur eine Bucht, an der Einheimische und Tourist:innen ihre Sommer verbringen, sondern auch der Ort, an dem die Ustaša-Behörden während der Herrschaft des Unabhängigen Staates Kroatien im Zweiten Weltkrieg ein Konzentrationslager errichteten. Knapp drei Monate lang, von Juni bis August 1941, war das Gebiet ein Ort des grausamen Leidens und des Todes für Serb:innen, Jüd:innen, Roma sowie für vom Staat als „aufsässig“, also als regimkritisch eingestufte Personen und Kommunist:innen.

Srića begab sich im Jahr 2023 auf Einladung des Serbischen Nationalrats erneut an den Ort, an dem sich einst die jüdischen und serbischen Lagerabschnitte befunden hatten. Sie dokumentierte die Arbeit der Archäolog:innen, die nach Artefakten suchten – von denen jedes einzelne ein weiterer Beweis für die Existenz des Lagers ist. Im selben Jahr erfuhr die Künstlerin, dass ihr verstorbener Großvater Jure Bistričić, ein erfahrener Steinmetz, von der Union der Kämpfer unter der Leitung von Nikola Bistričić beauftragt worden war, 1975 die erste Gedenktafel für die Opfer von Slana zu errichten. Die Tafel wurde 1991 von einer nationalistischen Gruppierung zerstört.

Für Sanja Bistričić Srića steht die historische Vergangenheit des Ortes im starken Kontrast zu ihren persönlichen Erinnerungen, diese zugleich aber stellvertretend sind für ganze Generationen kroatischer Familien. Die künstlerische Recherche richtet sich auf die Spurensuche des kollektiven Gedächtnis des Lagers von Slana.

Die Künstlerin begann nach den Einzelschicksalen der Lagerinsassen zu recherchieren, über die Zwangsarbeit, zu denen sie gezwungen wurden, und über die Materialien, die sie zum Bauen verwendeten, ebenso wie über die Materialien, die sie umgaben. Die im Ausstellungsraum auf dem Boden schwebende, rostig, ockerfarbene, scharfkantige Oberfläche wird zur Projektionsfläche von kürzlich aufgenommenen, analogen 35-mm Filmen der Landschaft von Slana. Wie aus der Perspektive von Satellitenfotografie anmutend, gleiten die frontalen, vom Boot aus fotografierten Aufnahmen im Wechsel über die flache und felsige Formation. Aus ihrer Statik entzerrt, überlagern sich die Elemente. Wasser überzieht die von der Insel stammenden Gesteine. Auf der Suche nach materiellen Spuren der Vergangenheit, sind es die steinernen Zeugen, die von dem Verschwiegenen erzählen.

Die entschleunigten Bewegungen stehen im Gegenpol zu den schnellen Bildabfolgen, die im Raum flackern. Zu sehen sind Erinnerungen an weiche, zarte Momente und die Unbeschwertheit der Kindheit: das Meer, die Schafe, Schwimmen, Tauchen. Die VHS-Aufnahmen entstammen aus dem Familienarchiv der Künstlerin. Dabei bedient sich Sanja Bistričić Srića den Reflexionen der Wellen und der Mittagshitze, um das verschwommene, flüchtige, nicht greifbare historische Erbe der Insel in der Überlagerung mit persönlicher Erinnerung spürbar zu machen.

In voller Schärfe dagegen erzählen die an der Wand aneinandergereihten Aluplatten. Regelrechte Überlagerungen, geradezu ein Aufschichten von Archivmaterial, gegenwärtigen Landschaftsbildern und Artefakten von archäologischen Ausgrabungen verdichten sich. Dabei bindet das Epoxy die Schichten in eine Einheit. Durch den Entzug von Sauerstoff sind die Zeitebenen untrennbar konserviert. Durch die Verdunstung von Wasser lassen die Salzablagerungen Spuren sichtbar, auch dies ist eine Form der Konservierung.

Geschichte, vor allem Leid kann man niemals ausradiert werden. Ein Ort ist niemals zu trennen von seiner Vergangenheit. Sie ist eingeschrieben, wie hier im Gestein, eingebrannt in die Landschaft und konserviert im Wasser.

Slana wirft zentrale Fragen auf: Wie überlagern sich unterschiedliche Ebenen von Erinnerung an ein und demselben Ort? Wie kann das Wissen um eine belastete Vergangenheit im Bewusstsein gegenwärtiger und zukünftiger Generationen bewahrt werden? Gleichzeitig stellt die Arbeit Forderungen an Verantwortung und eine Erinnerungskultur, die dazu beiträgt, dass das Geschehene weder vergessen noch wiederholt wird. Es geht auch darum, eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Damit fordert die Arbeit ein topografisches Gedächtnis. Denn das verräumlichte Erinnern wird insbesondere dann wichtig, wenn uns diejenigen, die die persönliche Erinnerung tragen, verlassen.